Russisches Gesetz Nr. 114-FZ Am 16. April 2022 verabschiedete Russland das Gesetz Nr. 114-FZ, welches es russischen Emittenten verbietet, ihre Aktien außerhalb Russlands über Depositary Receipts (DRs) zu handeln, und Emittenten verpflichtet, ihre DR-Programme zu beenden. Inhaber von russischen DRs werden deshalb in Zukunft keine Dividende erhalten und dürfen nicht mehr von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Für die Wandlung von DRs in Original russische Aktien ist zwingend ein russisches Depot Typ C erforderlich. 1. Finanzstruktur
2. Ausgeber von DR-Programmen russischer Aktien 1. JPMorgan 2. BNY Mellon 3. Citi-Group 4. Deutsche Bank 3. Übertragungswege von DRs und Tausch in Original Aktien a) Europäische Weg Nutzung der europäischen u n d russischen Finanzstruktur. b) russischer Weg Nutzung ausschließlich des russischen Finanzsystems o h n e Einbindung der westlichen Infrastruktur. 4. Übertragungsvoraussetzungen a) die Bücher der ADR-Ausgeber müssen geöffnet sein b) die NSD (russischer Zentralverwahrer) darf keine Gebühren erheben c) Europäischer Zentralverwahrer, der eine Übertragung der ADR nach Russland zulässt. 5. Störungen des Übertragungs-Vorgangs a) Blockade der europäischen Infrastruktur (sogenannter europäischer Weg) b) Tausch ausschließlich über die russische Infrastruktur (sogenannter russischer Weg) 6. Mismatch (Unstimmigkeit, Diskrepanz ) in den Büchern der ADR-Ausgeber a) Europäischer Weg Hier werden die ADR über die europäische Infrastruktur auf die russische Infrastruktur übergeleitet. Die ADR werden in den europäischen Büchern ausgebucht und im Gegenzug die Aktien auf ein Konto/Depot Typ C in Russland eingebucht. Für den ADR-Ausgeber und alle Beteiligten eine saubere Buchfürhrug. b) Russischer Weg Hier wird vom Antragsteller ein russisches Depot eröffnet. Aufgrund eines Eigentumsnachweises der DRs wird ein Konto/Depot Typ C eröffnet. Es wird ausschließlich die russische Infrastruktur (NSD, russische Verwahrstelle, Broker) eingebunden. Die westliche Infrastruktur, insbesondere die europäischen Zentralverwahrer erhalten keine oder nur eine unvollständige Nachricht und können diese nicht an die Zwischenverwahrer und Banken und Broker durchstellen. In der europäischen Infrastruktur bestehen nach wie vor die ADR. In der russischen Infrastruktur ist der Vorgang durch Tausch der ADR bei dem russischen Zentralverwahrer und durch den Tausch in Aktien abgeschlossen. Mismatch: Es entsteht ein Unstimmigkeit in den Büchern der ADR-Ausgeber, da die Kette der europäischen und russischen Infrastruktur durchbrochen ist. Die ADR-Ausgeber wissen nicht mehr wer die berechtigten ADR-Inhaber sind und wer, wann und wo getauscht hat. Folge: die Bücher der ADR-Ausgeber bleiben bis zu einem Abgleich geschlossen. 7. Problemfelder: Verwaltungs- und Verfahrenstechnisch a) Kundendaten der westlichen und russischen Infrastruktur müssen zwingend zusammengeführt werden um einen Abgleich der Kundendaten vornehmen zu können. Das Problem sind nur die westlichen Gesetze und Verordnungen (Bankgeheimnis, Compliance etc.) , die einer Zusammenführung entgegen stehen. b) Depoteröffnungen von Konten-/Depots Typ C in Russland. Das ist technisch so gut wie nicht durchführbar. Zur einer Depoteröffnung sind diverse Unterlagen in russischer Sprache übersetzt einzureichen. Vom Mengengerüst sind Depoteröffnungen in zigtausend Antrags-Fällen von wenigen Banken mit wenigen Mitarbeitern formell und zeitlich nicht zu gewährleisten. 8. Haftung und Regress a) Sanktionshaftung gegen Einzel-Staaten, Banken, Broker, Verwahrstellen dürfte nach Meinung des Autors dieses Beitrages so gut wie nicht möglich sein. b) ADR-Ausgeber-Haftung 1. Sondervermögen: ADRs gehören zu einem Sondervermögen (Sperrdepot) des Ausgebers. Das Sperrdepot stellt ein Sondervermögen dar, welches im Fall einer Insolvenz geschützt bleibt. Oft bleibt jedoch unklar, in welchem Umfang die verbrieften Wertpapiere tatsächlich im Depot der emittierenden Bank hinterlegt sind, oder mit welchen derivativen Finanzinstrumenten der Hinterlegungsschein nachgebildet oder abgesichert ist. Quelle: Wikipedia In diversen Artikeln u.a. Russland Aktien - ANATOLIEN-PORTAL (anatolienportal.com) hatte ich mich kritisch dazu geäußert ob die ADR evtl. nur teilweise oder gar nicht in Aktien hinterlegt wurden. 2. Kontrahenten- und Eindeckungsrisiko Ein Kontrahenten- und Eindeckungsrisiko besteht bei einer Störung ordnungsgemäßer Marktgegebenheiten. Dies liegt hier vor zumal es Anlegern aus unfreundlichen Staaten untersagt ist an den russischen Börsen zu handeln. Die russischen Kontrahenten (Börsen, Baken und Broker) sind daran gehalten keine Geschäfte mit den genannten Anlegern zu tätigen. 2. Marktpreisrisiko Die ADR-Ausgeber haben sich teilweise verpflichtet Aktien aus nicht gewandelten ADR in einem geordneten Markt in einer angemessenen Zeitspanne zu verkaufen. Ein geordneter Markt liegt in Russland nicht vor. Zum einen bestehen die genannten Handelsverbote. Zum anderen könnten die russischen Börsen bei einem "Zwangsverkauf" in überdimensionierten Stückzahlen kollabieren. Fazit: Aus Sicht des Autors dieses Artikels besteht bestenfalls die Möglichkeit einen Haftungs- bzw. Regressanspruch gegen den jeweiligen ADR-Ausgeber herzuleiten. Hierzu wäre jedoch der Nachweis eines Verstoßes gegen die Vertragserfüllungspflicht notwendig. Da es sich bei dem ADR-Vermögen um Sondervermögen des ADR-Ausgebers handelt, dürfte sich der Regress auch nur an diesem Sondervermögen und nicht auf andere bilanzielle Werte erstrecken. Keine Auszahlung wegen fehlender Kundenidentität?? Nach den oben aufgeführten Argumenten und der durchgeführten Analyse bleibt zu befürchten, dass die Vermögen der ADR-Anleger, die nicht tauschen konnten für immer und ewig gesperrt bleiben. Die ADR-Ausgeber können nach Beendigung des Konflikts und der Aufhebung von Sanktionen gegen nicht sanktionierte Anleger diese gar nicht mehr auszahlen, da die Kundenidentität fehlt. Wie oben ausgeführt, weiß niemand mehr wer getauscht hat oder nicht. Die ADR-Ausgeber werden ggf. die Verkaufserlöse befreiend auf sogenannte Treuhandkonten (Sperrkonten) einzahlen. Dann wird sich jeder Anleger selbst darum kümmern müssen, wie und mit welchen Nachweisen er an sein Vermögen kommt. Kampf gegen Windmühlen Meine Bemühungen überhaupt noch Zuständigkeiten zu ermitteln, könnt ihr den Beiträgen der letzten Tage entnehmen: 1. Anfrage an die SEC 2. Anfrage an Morgan Lewis 3. Anfrage an die BaFin 4. Hinterlegung von ADR - Eine Liste von Täuschung und Versagen 5. Schreiben an die Anwälte Über das Ergebnis meiner Recherche werde ich euch zeitnah in Kenntnis setzen. Appell an alle Leser dieses Blogs. Beschäftigt euch mit dieser Thematik. Ich habe in diesem Blogbeitrag versucht euch die komplexe Thematik zum ADR-Desaster in möglichst einfachen Worten zu erklären. Teilt diesen Artikel an möglichst viele Bekannte auch in anderen Foren. Jeder kann seinen Teil durch Vervielfältigung dieses Artikels dazu beitragen, dass wir am Ende des Tages zumindest noch einen Teil unserer Vermögenswerte retten. Ich danke euch. Alle Inhalte dieses Artikels spiegeln ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wider. Alle Angaben daher ohne Obligo.
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4 Comments
Mario Petrak
20/7/2023 03:55:32 am
Hallo,
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Krisch
20/7/2023 09:31:17 am
Vielen vielen Dank für diese tolle Zusammenfassung,die ganze Arbeit und mit Sicherheit auch einiges an Nerven. Mir geht es wie meinem Vorredner. Meine GDRs wurden von etoro umgewandelt. Leider tut sich seit dem nichts mehr....
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Detlef Heinzel
20/7/2023 09:46:52 am
Liebe etoro Kunden, vielen Dank für eure Anfrage. Etoro ist nach meiner Kenntnis ein israelisches Unternehmen. Vom Grundsatz her. Wenn die ADR tatsächlich in Aktien getauscht wurden, was ich nicht verifizieren kann, haben die natürlich ihren Wert. Stört euch dann nicht am Bewertungskurs. Ich gehe davon aus, dass die Anleger von etoro auch Handelsverboten in Russland unterliegen und dass deswegen kein aktueller Kurs hinterlegt werden kann. Das ich ja auch logisch. Der Rubel ist nicht mehr frei konvertierbar. Also gibt es auch keinen offiziellen Umrechnungskurs, der hinterlegt werden könnte. Und Rubelkurse im Depot außerhalb von Russland??? Die wird kein Broker im Westen ausweisen. Deswegen gibt es dort auch keine echte Kursnotiz. Wichtig für euch wäre, sich um die Dividenden zu kümmern. Nicht gewandelte ADR haben keinen Dividendenanspruch. Gewandelte ADR in Original russische Aktien schon. Wahrscheinlich müsstet ihr dann aber persönlich ein Depot in Russland haben. Dort würden die Dividenden dann auf ein Konto Typ C gesperrt. Am besten versucht einen Ansprechpartner von etoro auf die Dividendenproblematik bzw. Handelbarkeit zu erreichen. Ggf. per Mail. Ich persönlich gehe davon aus, dass wir bis zum Ende des Ukraine Konflikts und einer Änderung der Sanktionen mit Vermögensfreigaben wenig machen können. Sei es mit den ADR oder gewandelten Aktien. Wobei diejenigen mit gewandelten Aktien einen großen Schritt vor uns ADR-Inhabern wären. Glückwunsch. Mehr kann ich leider an dieser Stelle zu Ihrem speziellen Fall auch nichts ausführen.
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Krisch
20/7/2023 11:50:00 am
Danke dir für die flotte Antwort. Ich versuche weiter mein Glück beim Kundenservice von etoro. Sollten dort mal nützliches bei rum kommen, werde ich es hier posten. Leave a Reply. |
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