Kappadokien im Jahr 2009 - Eine Reisebeschreibung -
Bericht über eine Fahrt nach Kappadokien
„Auslöser“ war der Besuch meines Freundes Hem aus Düsseldorf. Er kam am Montag, 28.10.2009 abends in Antalya an und hatte einen Diesel-Pkw als Mietauto vorbestellt: Ein 1500er Kia Turbo-Diesel - ein Auto, das wir sehr schnell zu schätzen lernten: bequem und wendig, powerful und doch sehr, sehr genügsam!
Bericht über eine Fahrt nach Kappadokien
„Auslöser“ war der Besuch meines Freundes Hem aus Düsseldorf. Er kam am Montag, 28.10.2009 abends in Antalya an und hatte einen Diesel-Pkw als Mietauto vorbestellt: Ein 1500er Kia Turbo-Diesel - ein Auto, das wir sehr schnell zu schätzen lernten: bequem und wendig, powerful und doch sehr, sehr genügsam!
Die Fahrt nach Gazipasa zur zentralen Kreuzung „Meerjungfrau“ hatte ich als „immer geradeaus“ auf der D400 beschrieben, war problemlos. Von dort habe ich ihn zu mir nach Koru gelotst. Der folgende Dienstag war ein „Ausruhtag“ in Gazipasa, „keine besonderen Vorkommnisse“. Am Mittwoch-Morgen, 30.10. noch vor 7 h, es wurde gerade hell, sind wir losgefahren. Wir hatten einen „Rundkurs“ vorher abgesprochen: Hinfahrt über Konya, Rückfahrt über Mersin, gesamt 12-1300 km. Es ging also zunächst auf der D400 „zurück“ an der Küste entlang Richtung Antalya, durch Alanya, bis kurz vor Manavgat die D695 abzweigt nach Seydisehir, von dort auf der D696 nach Konya. Die Fahrt in und durch die Berge war wunderschön: Eine „wilde“ Landschaft, die uns beide an die Rockies erinnerte. Die Strassen sind gut und sicher, meist 3-spurig. Aber nicht wie früher in Frankreich, wo die mittlere Spur von beiden Fahrtrichtungen als Überholspur genutzt werden konnte, sondern abwechselnd 2-spurig in eine Richtung, meist bergauf. Nach gut 2 Std. Fahrtzeit haben wir „irgendwo“ an der Strecke in den Bergen, ausgesucht nach einem „beschaulichen“ Sonnenplätzchen, Halt gemacht für einen Kaffee. Aber – es gab keinen Kaffee - keinen türk. Mokka, keinen Nescafe. Als wir uns nicht zum „normalen“ cay überreden liessen, ging der Sohn des Hauses die Strasse entlang zur nächsten Tankstelle, zum nächsten Händler ... bis er nach ein paar Minuten mit einer Tüte mit türk. Mokka zurückkam. Unser nächster Halt nach weiteren ca. 2 Std. Fahrt war tatsächlich im „nowhere“, ein kleiner Feldweg mit einem Schatten-spendenden Baum, wo wir unser mitgenommenes „Frühstück“ verzehrten: Brot, Blutwurst! und Tomaten und Pfirsiche und Nusskuchen, mit Wasser.
Was wir von Konya gesehen haben war nicht einladend: Eine „langweilige“ Industriestadt. Von da ging`s auf der D300 über die Hochebene – mittlere Höhe um 1200 m - nach Aksaray und weiter nach Nevsehir. Eine Steppenlandschaft mit kaum Agrarwirtschaft (Zuckerrüben), nicht mal Schaf- oder Ziegenherden, „tagelang“ kein Haus zu sehen: Hier wollten wir beide nicht mal tot über`m Zaun hängen! Die langweilige Fahrerei war anstrengend. Unser Hotel war in der Nähe von Nevsehir, in Uchisar, innerhalb des Göreme Nationalparkes, UNESCO Weltkulturerbe, vorbestellt: „Hotel 1001 Nacht“ - ein „Traum“ in einer Filmlandschaft, die wie eine Computeranimation wirkt, wenn man nicht sehen könnte, dass es Realität ist.Zur Bearbeitung hier klicken.
Die Burg von Uchisar überragt die Landschaft weithin: Ein Fels, der ausgehöhlt und so zur bewohnbaren Burg wurde. Das typische Landschaftsbild: Überall in die Hänge gehauene Höhlen, teilweise mit gemauerten Eingängen, und die bekannten Kamine, mehr oder weniger schlank aufragende Felstürme, ganz oft ausgehöhlt und bewohnt.
Die Landschaft ist vor >10 Mio Jahren entstanden, als große Vulkane riesige Mengen von Lava und Asche ausgeworfen haben. Die Fließarme der Lava sind die heutigen Erhebungen, darauf und in den Tälern hat sich eine zig-Meter hohe Ascheschicht abgelagert, die das heutige weiche Tuffgestein bildet. Der weiche Stein ist über die Zeit von Wind und Wetter erodiert, schon in der Urzeit von Menschen zum Schutz ausgehöhlt worden. Wenn in einer oberen Schicht harter Fels lagert, der das da hinterliegende Tuffgestein vor der Erosion schützt, bildet sich ein Kamin mit Deckel, inzwischen typisch ca. 10 m hoch, von uns als „Pimmel“ bezeichnet.
Das Hotel ist ebenfalls ein kleinerer, etwas tiefer als die Burg liegender ausgehöhlter Fels. Die Zimmer sind direkt in das Gestein gehauen und mit Bad/Toilette ausgestattet. Ich war froh, nur um 1,60 m Körpergröße mitzubringen – alle Decken, besonders die Türdurchgänge, sind nicht viel höher als ich. Das Hotel liegt auf mehreren Ebenen im und am Berg. Der Besitzer und seine Mannschaft haben sich sehr freundlich, fast freundschaftlich um uns gekümmert. Die Buchung hatte Cuma, mein Nachbar, für uns gemacht. Nach der langen Fahrt, es war nach 17 h bei unserer Ankunft in Uchisar, waren wir zwar an der Burg, haben uns dann aber sofort zum Hotel durchgefragt. Dort gab`s ein kaltes Bier und später Gegrilltes zum Abendessen. Wir sassen in einem „Höhlenfenster“, haben es uns mit Kappadokien-Wein gutgehen lassen, während die Dämmerung einsetzte und die „Felsgebilde“ zu unheimlichen Schattenrissen wurden, bis der Mond mehr Licht gab und schließlich Scheinwerfer am Fuß der Felsen eingeschaltet wurden, die den Eindruck der „unheimlichen“ Landschaft noch verstärkten. Mit der Dunkelheit kam die Kühle – auf dem Hochplateau herrscht Inlandsklima: Tags heiß und trocken, nachts recht frisch mit 12-14°C. (Die besten Reisemonate für Kappadokien sind Sept. u. Okt., wurde uns gesagt.) Also haben wir uns früh in unsere warmen Betten verzogen ...Für den folgenden Tag, Donnerstag, 1.10., hatten wir uns anhand der Beschreibungen, die wir hatten, eine Route zusammengestellt, um mit wenig Fahren möglichst viel zu sehen: Das Göreme-Freiluftmuseum, das Zelve-Tal, Ürgüp und eine der unterirdischen Städte, Kaymakli oder Derinkuyu – alles auf auf der Karte grün unterlegten landschaftlich schönen Strecken.
Da wir früh schlafen gegangen waren und einen „vollen“ Tag geplant hatten, haben wir uns früh für 7:30 h zum Frühstück verabredet. Unsere Zimmer lagen nebeneinander auf einem kurzen Gang, wir konnten uns nicht verpassen. Als wir pünktlich ins Freie getreten sind – das Restaurant war auf der nächst höheren Ebene – es war noch recht frisch – waren wir die einzigen, die schon auf waren. Im Restaurant innen schlief die Bedienung auf den Bänken, die Küche war zu. Also sind wir zunächst auf die „Sonnenterrasse“, um uns von der aufsteigenden Sonne aufwärmen zu lassen. Auf der anderen Seite des Berges konnte man ins Göreme-Tal blicken – dort kamen die letzten Heissluftballons zurück auf den Boden. Die Ballons steigen bei Sonnenaufgang auf, dann ist es völlig windstill – sie steigen auf ca. 400 m und kommen fast an der gleichen Stelle wieder zurück auf den Boden. Das dauert etwa 1 Std. und kostet > € 200. Eine Ballonfahrt war uns als „Muss“ mit auf den Weg gegeben worden. Wir wollten spontan entscheiden, evtl. am Abfahrtstag in aller Frühe auch noch eine Ballonfahrt „mitzunehmen“. Die ganz große Begeisterung dafür hatten wir beide nicht (obwohl wir immer schon mal eine Ballonfahrt mitmachen wollten ...). Wir sind dann auch nicht mitgefahren, nachdem wir den ganzen Tag aus verschiedenen Perspektiven und Höhen die Landschaft bewundern konnten. Das ist der Vorteil, wenn man selbst-organisierter Einzelreisender ist: Keine Vorgaben, nicht nur ausgetretene Pfade ... Kurz nach 8 h kam dann einer der Hotelangestellten noch ziemlich „verpennt“ ins Freie, hat uns zunächst einen Kaffee gebracht und dann unser Frühstück zubereitet – ein gutes türk. Frühstück gegen 9 h. Zufrieden sind wir in den Tag gestartet, Geröme lag gleich „vor der Haustür“. Dem ersten braunen Hinweisschild auf Sehenswürdigkeiten an der Strasse sind wir gefolgt, eine Kirche aus dem 10. Jahrhundert in einem der Felsen, mit vielen gut erhaltenen Gemälden an Wand und Decke (angeblich Originalfarben). Wir waren die einzigen Besucher, der Wärter hat uns gerne und stolz informiert.
Nicht weit davon war das Göreme-Freiluftmuseum, eine Ansammlung von Felsendomen, die im 12.-13. Jahrhundert zur Kirche „ausgehöhlt“ und bemalt worden waren. Nach der ersten Kirche am Weg waren die folgenden eher in einem schlechteren Zustand, die Anzahl beeindruckte. Auch die Anzahl der Besucher, mit denen wir uns die engen „Höhlen“ teilen mussten – eine babylonische Sprachenvielfalt war zu hören, viele Asiaten zu sehen. „Nicht weit davon“ fuhren wir zum Zelve-Tal – immer wieder Berge in Serpentienen rauf und runter, ständig vorbei an Felsenkaminen („Pimmel“) und Höhlen im Berg. In Zelve hätten wir wieder eine Ansammlung von Kirchen im Fels besichtigen können, haben wir uns „geschenkt“. Weiter nach Ürgüp, dem Zentrum der Weinherstellung in Kappadokien. In der Wein-“kellerei“ Turasan kann man die verschiedenen Weine probieren. Da uns der Wein „Fairy Chimney“ von Turasan im Hotel ganz gut geschmeckt hat, habe ich 6 Fl. mitgenommen. Da auf dem Weg liegend, auf einer malerischen Strecke, wollten wir in Mustafapasa, „wurde durch die Steinbearbeitung berühmt“, vorbeischauen. Haben wir auch ... „vorbeigeschaut“. Weder haben wir Hinweise auf Steinbearbeitung noch den richtigen Weg aus dem Ort heraus gefunden. Es gibt Hinweisschilder, die aber viel Raum für Phantasie lassen, die Mitteleuropäer im Strassenverkehr wohl nicht mehr aufbringen. Die Türkei-Karte vom ADAC hat zwar eine gute Auflösung, vermerkt aber längst nicht jeden Ort und jeden Weg. Also sind wir zurück auf die „Hauptstrasse“ und haben uns nach Kaymakli orientiert. Dort gibt es unterirdische Städte – 8 Etagen in den weichen Fels gearbeitet, mit Raum zum Wohnen und Versorgen von bis zu 1200 Menschen, die, wenn es sein musste, z.B. bei Angriffen, wochenlang autark dort leben konnten. Dazu gehörte ein ausgeklügeltes Belüftungssystem und eine verwirrende Anzahl und Führung von Gängen, die mit schweren Steinen gesichert werden konnten, dass der Reiseführer ausdrücklich darauf hinweist, nur den Pfeilen zu folgen – sonst findet man womöglich nicht wieder raus. Es waren gleichzeitig so viele Gruppen, Busse unterwegs, dass man ständig gebückt gehend den Hintern des Vordermannes oder einer schnaufenden Vorderfrau im Blick hatte. Das tut dem tiefen Eindruck keinen Abbruch, den diese unterirdischen Städte bei einem hinterlassen. Aber danach wollten wir nicht noch eine in Derinkuyu sehen. So haben wir uns auf den Rückweg in unser Hotel in Uchisar gemacht, es war schon wieder fast 17 h. Die Gegend ist „Kürbisland“, die wachsen „überall“, aber viel kleiner als wir sie gewohnt sind. Dort haben wir die letzten Sonnenstrahlen mit zwei Bier genossen. Zum Abendessen – Suppe, Salat, Lammeintopf, Obst, Wein – sind wir direkt nach innen ins Warme gegangen. Als wir abgerechnet haben (€ 45 EZ/Nacht mit HP + ges. TL 120 für Bier und Wein + Wasser/Kaffee/Tee u. 1 Fl. Wein geschenkt) und sagten, dass wir wieder sehr früh los wollten, hat der Chef darauf bestanden, uns um 7 h ein Frühstück zu servieren. Als wir um kurz nach 7 h am nächsten Morgen, Freitag 2.10., das Auto „beladen“ haben und sich – natürlich – keine Seele zeigte, sind wir, mit der guten Absicht des Wirtes im Kopf aber leerem Bauch, losgefahren. Am Himmel über Göreme tummelten sich einige -zig Heißluftballons. Auf der D765 ging´s zunächst nach Nigde, dort auf die D805 nach Süden bis sie auf die brandneue Autobahn trifft (die in einigem Abstand parallel zur D750 verläuft). Die Autobahn ist eine Glanzleistung! In einer Landschaft, die uns an die Schweiz erinnert hat, sind Dutzende von Tunneln und Brücken gebaut worden, um eine ideale Strassenführung zu ermöglichen, mit einem superglatten Leiselauf-Asphalt. Wo er denn schon soweit ist – die ganze Strecke bis zum Abzweig nach Adana bzw. Mersin ist immer noch eine grosse Baustelle. Die Autobahn 0-51 parallel zu Küste existiert offenbar schon eine Weile, was man an ihrem Zustand erkennen kann. Wir sind einen Park-/Rastplatz angefahren – ein riesiger Parkplatz mit gerade mal einem Auto vor dem Rasthof. Der Rasthof wirkte eher schmuddelig. Und zu unserer grossen Überraschung bekamen wir zum zweiten Mal im „klassischen Kaffeeland“ Türkei keinen Kaffee – keinerlei Kaffee war möglich, auch nicht durch gutes Zureden. Wir haben uns für Ayran und Omelette entschieden – das war ok. Nachdem wir die vielen kleinen Ortschaften westlich von Mersin hinter uns gelassen hatten, fing etwa ab Silifke die landschaftlich sehr schöne Küstenstrecke der D400 an. In Anamur sind wir „abgefahren“ zur römischen Ruinenstadt Anamurium, eine befestigte Stadt aus dem 4. Jahrhundert für etwa 1000 Einwohner (wie man an der Größe des Theaters ablesen kann) mit Burgfestung. Auf den letzten ca. 80 km bis Gazipasa führt die Straße entlang der zerklüfteten Küste durch eine malerische Landschaft. Eine kleine Überraschung noch zum Schluss, fast schon zurück in Gazipasa: Die angefahrene Tankstelle hatte keinen Diesel mehr zu verkaufen. Abends haben wir bei Konrad eine „osmanische Pfanne“ gegessen, zum Kochen hatten wir keine
Für den nächsten Tag, Samstag, 3.10., deutscher Nationalfeiertag, hatten wir geplant, hier im Nahbereich in die Berge zu fahren, nach Sugözü, um Forellen zu essen. Diese Strecke fasziniert mich immer wieder neu, die Strasse ist allerdings schon stark „angenagt“, wird einen regenreichen Winter so nicht überstehen. Zum Abschluss des Besuches haben wir abends auf meiner Dachterrasse – was anders als im Landesinneren sehr angenehm war – Lammkottelets (mit Knobi!) gegrillt und die geschenkte Flasche Wein aus Kappadokien „gekillt“. Resumé: Wir haben in nur drei Tagen – die aber ausreichten! - viele unterschiedliche, sehr interessante Landschaften gesehen. Die Überlandstrassen sind sehr gut – und leer, sehr ungewöhnlich für europäische Erfahrungen. Kappadokien selbst ist mit Worten nicht wirklich zu beschreiben und Bilder treffen auf keinen „Vergleich“ im eigenen Gehirn – bis man es selbst erlebt hat. Die kleinen Überraschungen und „Abenteuer“ machen eine selbst organisierte Einzelreise im Mietwagen so interessant.
Hans-J. Stürmer
Hans-J. Stürmer