Das lukrative Geschäftsmodell von Russlands bekanntesten Unternehmen ist unwiederbringlich zerstört. Eine Zäsur für einen Konzern, der Gegner wie Mitarbeiter mit Geld gefügig macht. Riga, Düsseldorf. Moskau, Anfang Dezember: Das Gelände der Ausstellung „Forum Rossija“ ist verschneit, dennoch finden sich zahlreiche Besucher im Gazprom-Pavillon ein. Das Motto der Ausstellung: „Russland, ein Land der Möglichkeiten“. Hier wirbt der Gaskonzern bei russischen Kindern um Vertrauen in die Zukunft der Firma. Zeichentrickfiguren sollen ihnen nahebringen, wie wichtig Gazprom für die Energieversorgung des Landes ist – und sie dazu animieren, eines Tages selbst in der Industrie zu arbeiten. All das ist in einem Marketingfilm des russischen Konzerns zu sehen. Was Gazprom dem Nachwuchs und den Zuschauern nicht erzählt: Die Arbeit in dem Staatsunternehmen dürfte künftig deutlich ungemütlicher werden. Das Schicksal von Gazprom ist so eng mit dem des russischen Staates verwoben, wie es wohl bei kaum einem anderen Konzern der Fall ist. Kenner beschreiben ihn als geopolitisches Werkzeug, als verlängerten Arm von Kremlchef Wladimir Putin. Sie gehen davon aus, dass sich für das Unternehmen jetzt vieles grundlegend ändert. Denn seit Beginn des großflächigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind die Zeiten vorbei, in denen sich mit Gasexporten nach Europa das große Geld verdienen ließ. Einen aktuellen Einblick in die Lage bei Gazprom zu bekommen ist schwer. Denn über Firmeninterna spricht man nicht leichtfertig. Seit Kriegsbeginn ist eine hohe Anzahl von Topmanagern aus dem Umfeld des Konzerns durch vermeintliche Suizide oder Unfälle ums Leben gekommen. Doch das Handelsblatt konnte mit einer Reihe früherer Mitarbeiter, Aufseher, Diplomaten und Geschäftsleute sprechen, die zumindest bis zum Beginn der Vollinvasion der Ukraine enge Verbindungen zu Gazprom hatten – und das Unternehmen weiterhin genau beobachten. Die Gespräche beschreiben ein toxisches System, in dem Gegner wie Mitarbeiter mit Geld gefügig gemacht wurden. Ein System, das jetzt seine Grundlage verliert.
Quelle: Handelsblatt
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