M. Große HüttmannDie Beziehungen zwischen der EG bzw. EU und der Türkei gestalten sich von Anfang an wechselvoll und werden sowohl in der Türkei als auch in den EU-Mitgliedstaaten kontrovers diskutiert. Nachdem die Türkei 1949 dem Europarat und 1952 der NATO beigetreten ist, folgte 1963 mit dem sog. Ankara-Abkommen, das die Assoziierung mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und einen späteren Beitritt zur EWG mit einschloss, der erste Schritt einer echten Annäherung an die Gemeinschaft. Die Besetzung des Nordteils der Insel Zypern durch türk. Truppen 1974 und der Militärputsch in der Türkei 1980 führten jedoch zu einer Abkühlung der Beziehungen. 1987 stellte die neue türk. Regierung einen offiziellen Antrag auf Mitgliedschaft in der EG. Am 1.1.1996 trat die Zollunion in Kraft und vertiefte die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen EU und Türkei. Im Zuge der Debatte um die Osterweiterung in den 1990er-Jahren drang die türk. Regierung darauf, in den Kreis der ost- und mitteleurop. Beitrittskandidaten aufgenommen zu werden. Nach einigen Schwierigkeiten und kontroversen Diskussionen im Kreis der EU-Staaten beschloss der Europäische Gipfel im Dezember 2004, Beitrittsgespräche mit der Türkei aufzunehmen (Start am 3.10.2005). Einige EU-Staaten sind jedoch auch nach diesem Beschluss (und auch nach Aufnahme der Beitrittsverhandlungen) weiterhin sehr skeptisch, ob die Türkei tatsächlich die Kriterien für einen Beitritt erfülle (»Kopenhagener Kriterien«) und ob die Türkei angesichts ihrer Bevölkerungsgröße sowie aufgrund der Differenzen in vielen Fragen aufgenommen werden könne. Die innenpolitischen Entwicklungen in der Türkei (gescheiterter Militärputsch im Juli 2016, Verfassungsreform von 2017 zur Stärkung des Präsidenten und »illiberale« Tendenzen, Einschränkung der Medienfreiheit, der Grundrechte, etc.) haben das Verhältnis zwischen der EU und der Türkei verschlechtert. Um der von Anfang an bestehenden und verbreiteten Skepsis zu begegnen, hat die EU die 2005 aufgenommenen Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt »ergebnisoffen« angelegt, d. h., am Ende der Gespräche könnten Alternativen zu einer Vollmitgliedschaft vereinbart werden. Befürworter eines EU-Beitritts der Türkei weisen darauf hin, dass jeder europ. Staat laut EU-Vertrag das Recht habe, einen Antrag auf Beitritt zur EU zu stellen. Die Unterstützer sahen in der Türkei spätestens seit den politischen und wirtschaftlichen Reformen, die die Regierung von Premierminister Erdogan seit 2003 in Angriff genommen hat, einen modernen europ. Staat, der eine Brücke zur islamischen Welt schlagen und zur Stabilisierung der Krisenregion beitragen könne; durch die jüngsten verfassungspolitischen Reformen hat dieses Argument der »Leuchtturm«-Funktion der Türkei an Bedeutung verloren. Immer wieder zu hörende Vorschläge, die Beitrittsgespräche abzubrechen oder offiziell auf Eis zu legen, haben bislang jedoch (noch) keine Mehrheit im Kreis der EU-Staaten gefunden (z. B. votierte das Europäische Parlament am 24.11.2016 für einen Stopp der Verhandlungen). Unabhängig von einer (momentan unrealistisch erscheinenden) Vollmitgliedschaft oder einer »privilegierten Partnerschaft« mit der EU ist die Türkei als Nachbarland zu Krisenregionen (z. B. Syrien) zu einem wichtigen Ansprechartner in der EU-Außen- und seit 2015 auch in der Migrationspolitik geworden. Da viele EU-Staaten einen Beitritt der Türkei angesichts der jüngsten Entwicklungen noch skeptischer als bislang schon beurteilen und auch in der Türkei sich die ursprünglich euphorische Stimmung der ersten Jahre im Zuge der europ. Finanzkrise gewandelt hat, sind die Verhandlungen über einen Beitritt kaum vorangekommen, sodass aus heutiger Sicht (Stand Ende 2019) ein erfolgreicher Abschluss der Beitrittsgespräche in weite Ferne gerückt zu sein scheint. Die EU-Kommission dokumentiert in ihren jüngsten Fortschrittsberichten eine Abkehr der Türkei von den in Art. 2 des EU-Vertrags verankerten »europäischen Werten« (z. B. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Freiheit und Wahrung der Menschenrechte), die bei einer Aufnahme in die EU erfüllt sein müssen. Quelle: bpb Meinung: Weder die Türkei noch die Ukraine werden in den nächsten Jahren in die EU aufgenommen werden können. Der Öffentlichkeit wird verschwiegen, dass eine Aufnahme dieser Länder von der EU finanziell gar nicht "zu stemmen" ist. Im Grunde geht es darum wer Nettozahler und Empfänger ist. "Umso wichtiger ist es, nicht nur die absolute Höhe der geleisteten Zahlungen der Staaten zu betrachten (bei denen Deutschland seit Jahren an erster Stelle steht), sondern diese auch in Bezug zur jeweiligen Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl zu setzen – im Jahr 2020 waren bei diesen Betrachtungsweisen Deutschland und Dänemark die größten Nettozahler." (Quelle; bpb) . Sowohl die Türkei als auch die Ukraine würden bei einer vollen EU-Mitgliedschaft sofort Nettoempfänger. Die Frage würde sich stellen, wer auf der anderen Seite weiter Nettozahlungen leisten könnte. Das dürfte aufgrund der angespannten Haushaltslagen in den EU-Ländern so gut wie keinem Land möglich sein. Auf der anderen Seite müssten den Netto-Empfänger Ländern die Zahlungen gekürzt werden um hier einen Ausgleich für alle zu schaffen. Wer glaubt schon daran, dass die Netto-Empfängerländer einer EU-Erweiterung auf Kosten ihrer EU-Zuschüsse, zustimmen würden. Das ist so gut wie ausgeschlossen. - Ohne mein Obligo - Verfasser: Admin Bildquelle: Wikipedia
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