Präsident Erdogan "plustert" sich im aktuellen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zu einem "Scheinriesen" auf. "Martiales Geschrei" auf der einen Seite und die Forderung mit Russland Friedenstruppen zur Beilegung des Konflikts. Dabei versucht sich der türkische Präsident zum Führer des Islams "aufzuschwingen". Dabei lenkt er nur von den Wirtschaftsproblemen seines eigenen Landes ab. Erdogan, der innenpolitisch angeschlagen ist, weiß bei diesem Thema die Mehrheit der Türken hinter sich. Anhänger des Präsidenten träumen in osmanischer Nostalgie von der Entsendung türkischer Soldaten nach Gaza, um die Palästinenser gegen Israel zu verteidigen. Doch in Wirklichkeit kann die Türkei wenig tun, um die Ereignisse im Nahen Osten zu beeinflussen. Das Schicksal der Palästinenser ist in der Türkei ein emotionales Thema. Für die allermeisten Türken ist der Nahost-Konflikt ein ungleicher Kampf, in dem die Palästinenser gegen Israel keine Chance haben und von der Weltgemeinschaft im Stich gelassen werden. Im verklärten Blick auf die eigene Geschichte erscheinen die Jahrhunderte der Osmanenherrschaft über den Nahen Osten vielen Türken als glückliche Zeit. Muslime, Juden und Christen hätten dort harmonisch zusammengelebt, sagte Erdogan am Montag Der Präsident nutzt den anti-israelischen Konsens in der Bevölkerung, um sich als Landesvater zu präsentieren. Seine Regierung steht wegen der schlechten Wirtschaftslage, einer schleppenden Corona-Impfkampagne und Vorwürfen von Korruption und Vetternwirtschaft unter Druck. Der Gaza-Konflikt bietet Erdogan nun die Gelegenheit, die Türken hinter sich zu scharen. Erdogan schlägt internationale Schutztruppe vor Erdogan kritisierte auch die USA wegen ihrer Waffenlieferungen an Israel. Bei einem Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (IOC), einem Zusammenschluss aus 57 muslimischen Staaten, schlug Erdogans Regierung vor wenigen Tagen eine internationale Schutztruppe islamischer Länder für den Gaza-Streifen vor. Erdogans Anhänger sind begeistert. Die regierungsnahe Zeitung „Yeni Safak“ berichtete am Dienstag, neben der Türkei könnten der Iran, Pakistan und Katar führende Rollen in der Gaza-Truppe übernehmen. Teilnehmer anti-israelischer Demonstrationen vor israelischen Einrichtungen in der Türkei forderten die Entsendung türkischer Soldaten nach Gaza und Jerusalem. Die Erdogan-treue islamistische Zeitung „Yeni Akit“ erinnerte ihre Leser daran, dass Palästinenser im Ersten Weltkrieg auf der Seite der Osmanen gegen den Westen gekämpft hätten. Die Türkei als neo-osmanische Ordnungsmacht in der Region – das würde den außenpolitischen Ambitionen der Erdogan-Regierung entsprechen. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte, die Gemeinschaft der Muslime erwarte Führungsstärke von der Türkei.Allerdings sind die Pläne für eine islamische Gaza-Truppe völlig unrealistisch. Israel würde dem Vorhaben niemals zustimmen, und auch ein UNO-Mandat dafür ist ausgeschlossen. Gegen den Willen Israels und der UNO ist der Truppeneinsatz erst recht unmöglich, denn weder die Türkei noch ein anderer islamischer Staat würde wegen der Palästinenser einen Krieg gegen Israel – und damit auch gegen den USA – riskieren. Quelle: Tagesspiegel Nahost-Konflikt Erdogan hetzt die Türkei ins Abseits US-Regierung kritisiert Äußerungen Erdogans über Israel Erdogan verflucht Österreich: Türkischer Botschafter ins Außenministerium zitiert Erdogan intensiviert seine Propaganda gegen Israel Vize-Vorsitzender des Zentralrats der Muslime relativiert den Holocaust (tichyseinblick.de) Der Antisemit vom Bosporus Palästinenser in der Türkei: Was Erdogan sagt und was Erdogan tut
von Khaled Abu Toameh 21. Juni 2020 Englischer Originaltext: Palestinians in Turkey: What Erdogan Says vs. What Erdogan Does Übersetzung: Audiatur Online Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan brilliert mit seinen Erklärungen zur Unterstützung der Palästinenser. Sein Handeln legt jedoch eine ganz andere Haltung gegenüber der Notlage Tausender palästinensischer Flüchtlinge nahe, die in den vergangenen zwei Jahren aus Syrien in die Türkei geflohen sind. Zunächst einmal erkennt Erdoğan diese Flüchtlinge nicht einmal als Palästinenser an – obwohl sie Ausweise des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) sowie andere Dokumente mit sich führen, die sie als Palästinenser kennzeichnen. Erdoğan betrachtet diese Flüchtlinge als Syrer und nicht als Palästinenser, weil sie aus Syrien kamen und ihre provisorischen Reisedokumente entweder von der syrischen Regierung oder von der UNRWA ausgestellt wurden. Dennoch hat Erdoğan vor kurzem mit dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas telefoniert und ihm die "Solidarität" der Türkei mit der palästinensischen Sache zugesichert. Berichten zufolge soll Erdoğan Abbas gesagt haben, dass die Türkei die Palästinenser weiterhin in "allen Bereichen" unterstützen werde. Erdoğan hat sich lange mit seiner Unterstützung für die Hamas gebrüstet und gesagt, dass er sie nicht als terroristische Organisation betrachtet. "Die Hamas", so Erdoğan bei einem offiziellen Besuch in London im Mai 2018, "ist eine der Widerstandsbewegungen, die sich für die Befreiung der besetzten Gebiete der Palästinenser einsetzen". In einer Videobotschaft vom 24. Mai anlässlich des muslimischen Festes von Eid al-Fitr wiederholte Erdoğan die Unterstützung der Türkei für die Palästinenser. "Wir werden nicht zulassen, dass das palästinensische Land jemand anderem angeboten wird", sagte er und bezog sich dabei auf die Absicht Israels, die Souveränität auf Teile des Westjordanlandes auszudehnen. "Letzte Woche wurden wir Zeuge, wie ein neues Besatzungs- und Annexionsprojekt, das die Souveränität Palästinas und das Völkerrecht missachtet, von Israel in Gang gesetzt wurde". Im September 2019 hielt Erdoğan eine weitere leidenschaftliche pro-palästinensische Rede vor der UN-Generalversammlung. "Die Türkei wird dem unterdrückten palästinensischen Volk weiterhin zur Seite stehen, so wie sie es bis heute immer getan hat", sagte er, als er erneut Hass gegen Israel und dessen Regierung verkündete. Erdoğan gelang es sogar, den ehemaligen Hamas-Führer Khaled Mashaal zu beeindrucken, der ihm in einem Brief dafür dankte, dass er "im Namen aller verfolgten Muslime in der Welt" gesprochen habe. Als Erdoğan bei den Parlamentswahlen 2018 als Präsident der Türkei wiedergewählt wurde, beglückwünschten ihn viele Palästinenser, darunter Abbas- und Hamas-Führer, umgehend zu seinem Sieg. Izzat al-Risheq, ein Mitglied des "politischen Büros" der Hamas, äusserte die Hoffnung, dass Erdoğans Erfolg die türkische Unterstützung für die Palästinenser verstärken würde. Ein anderer Hamas-Beamter, Hazem Qassem, sagte: "Die Hamas gratuliert Erdoğan zum Erfolg des demokratischen Experiments und zum Gewinn der Präsidentschaftswahlen. Die Hamas will Beziehungen zu regionalen Ländern wie der Türkei aufbauen und möchte, dass sie sich zum Recht des palästinensischen Volkes bekennt, der israelischen Aggression entgegenzutreten." Erdoğan hat durchaus einige Palästinenser unterstützt – vor allem die Hamas und ihre palästinensischen Führer, von denen einige in der Türkei leben. Ein Bericht in der britischen Tageszeitung The Telegraph vom Dezember 2019 enthüllte, dass Erdoğan "Gastgeber" für die Hamas war. Von der Türkei aus habe die palästinensische Terrorgruppe, so der Bericht, Anschläge gegen Israel geplant. Zu den Aktivitäten der Hamas, so der Bericht, gehörten Bemühungen, Selbstmordattentäter zu rekrutieren – mit einer Belohnung von 20.000 Dollar, die den Familien der Terroristen versprochen wurde – und hochrangige israelische Offizielle zu ermorden. In den vergangenen zwei Jahren haben mehrere Hamas-Delegationen die Türkei besucht, um sich mit Erdoğan und hochrangigen türkischen Regierungsfunktionären zu treffen. Während Erdoğan ein Lippenbekenntnis zur palästinensischen Sache ablegt und die Hamas lobt, die von den USA, der EU, Kanada und Australien als terroristische Gruppe bezeichnet wird, klagen palästinensische Flüchtlinge, die aus Syrien in die Türkei geflohen sind, über Diskriminierung und Misshandlung durch die türkischen Behörden. Während er sich selbst als Verteidiger der Palästinenser und der islamischen Stätten in Jerusalem darstellt, beraubt Erdoğan gleichzeitig Tausende palästinensischer Flüchtlinge ihrer Grundrechte, einschliesslich des Zugangs zu Bildung und medizinischer Versorgung. Kürzlich starteten palästinensische Aktivisten eine Kampagne, um zu versuchen, die rechtlichen Probleme palästinensischer Flüchtlinge in der Türkei zu lösen. Die Aktivisten sagten, dass palästinensische Flüchtlinge, die aus Syrien geflohen sind, sich alle zwei Wochen bei den türkischen Sicherheitsbehörden melden müssen. Die türkischen Behörden, so beschwerten sich die Aktivisten, weigerten sich, offizielle Dokumente für palästinensische Kinder auszustellen, deren Eltern es versäumt haben, ihren rechtlichen Status im Land zu regeln. Infolgedessen wird den Kindern der Zugang zu Schulen und medizinischer Versorgung verweigert. Palästinensischen Quellen zufolge gibt es in der Türkei etwa 10.000 palästinensische Flüchtlinge, die unter Diskriminierung leiden und unter schrecklichen Bedingungen leben. Die grösste Überraschung für die palästinensischen Flüchtlinge kam jedoch, als sie feststellten, dass die türkischen Behörden sie als syrische Staatsbürger bezeichneten. Durch die Registrierung als Syrer haben die türkischen Behörden die palästinensischen Flüchtlinge in eine unmögliche Lage gebracht. Wenn die türkischen Behörden später ihre Dokumente überprüfen und feststellen, dass sie palästinensische Pässe besitzen, obwohl sie als Syrer eingetragen sind, werden die Flüchtlinge der Fälschung beschuldigt und müssen mit Gefängnis oder Deportation rechnen. Das Leiden der palästinensischen Flüchtlinge, die aus Syrien fliehen, beginnt in dem Moment, in dem sie an der Grenze zur Türkei ankommen, sagte Thuri Tamim, ein palästinensischer Flüchtling, dem Palestinian Refugees Portal, einer unabhängigen Website, die über Nachrichten im Zusammenhang mit palästinensischen Flüchtlingen berichtet. "Die meisten [der Palästinenser], die illegal in die Türkei eingereist sind, wurden von den türkischen Grenzsoldaten verhaftet. Als sie sich als Palästinenser auswiesen und ihren von der UNRWA ausgestellten Ausweis zeigten, wurden sie 30-45 Tage lang inhaftiert." Tamim wies darauf hin, dass palästinensische Flüchtlinge, die aus Syrien in die Türkei geflüchtet sind, "rechtliche Marginalisierung" erfahren. Er und andere palästinensische Flüchtlinge sagten, sie fänden es bizarr, dass die türkischen Behörden palästinensische Flüchtlinge mit syrischen Dokumenten nicht als tatsächlich palästinensisch anerkennen. Ein anderer palästinensischer Aktivist, Mohammed Omar, sagte, dass die türkischen Flüchtlingsgesetze das Leben für die Palästinenser unerträglich gemacht hätten. "Der palästinensische Pass kann nicht verwendet werden, um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten, eine Wohnung zu mieten oder verschiedene Dienstleistungen wie Wasser, Gas und Elektrizität zu erhalten", beklagte Omar. Die Notlage der palästinensischen Flüchtlinge habe sich in den vergangenen Monaten, während der Coronavirus-Pandemie, nur noch verschärft. Anstatt die vor dem Bürgerkrieg in Syrien fliehenden Palästinenser willkommen zu heißen, erniedrigt Erdoğan sie und versucht, sie ins Gefängnis zu werfen. Wenn Erdoğan den Palästinensern wirklich helfen will, so sollte er damit beginnen seiner Regierung anzuordnen, die Verhaftung und Schikanierung palästinensischer Flüchtlinge einzustellen. Wenn er den Palästinensern wirklich helfen will, sollte er aufhören, Gastgeber und Goldesel für die Hamas zu spielen, die den Palästinensern nichts als Elend gebracht hat. Für Erdoğan sind die Palästinenser nur eine weitere Trumpfkarte, mit der er sein Ziel, der "Sultan aller Muslime" zu werden, zu erreichen versucht. Khaled Abu Toameh ist ein preisgekrönter arabisch-israelischer Journalist und TV-Produzent aus Jerusalem.
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