Der gestrige Wahltag ist vorüber. Klar ist eines am Tag 1 nach der Wahl. Es ist nichts klar, nach dieser Wahl. Wer führt die nächste Bundesregierung an. Wer koaliert mit wem. Wer wird der nächste Bundeskanzler/in. Deutschland wird sich stärker denn je erneuern oder wie man so schön sagt "neu erfinden". Es ist gut so: - In einer Demokratie wird miteinander geredet, verhandelt, gestritten. - die Demokratie hat fremden Wahleinflüssen und versuchten ausländischen Manipulationen überstanden. - Deutschland wird seiner führenden Rolle in der EU gerecht werden. Erdogans Finger im deutschen Wahlkampf. Allah sei dank. Durch die Wahlempfehlung von Kleinparteien und einem Aufruf zum Boykott der etablierten Parteien hat er Deutschland "einen Bärendienst" erwiesen. Eine Empfehlung der CDU (Schutzschirm von "Mutti" Angela Merkel) wurde für die deutsch-türkische Wählerschaft nicht ausgesprochen. Ein Fehler, der sich noch sehr rächen wird. Eine Unterstützung von "Türken Armin" hätte das Elend der deutschen Parteienpolitik noch ewig verlängert. Die Zeit des türkischen Präsidenten ist innenpolitisch abgelaufen. Mit seiner Wahlempfehlung gegen die ihm wohlgesonnene CDU ist ihm wohl auch die größte Freundin abhanden gekommen. Nostalgie ist, die vergangenen schönen Zeiten kommen nie wieder, vor allem unter einer FDP und Grünen-Partei Koalition... Blog. Admin Editor
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Inflationsentwicklung - oder Vernichtung der Türkei durch seinen Präsidenten
23.09.2021 Zinssenkung in Türkei trotz hoher Inflation
22.09.2021 Warum die türkische Wirtschaft weiter wächst – und doch alles teurer wird 20.09.2021 Inflationsrate in der Türkei steigt auf fast 20 Prozent 13.09.2021 Aus heiterem Himmel die Kerninflationsschübe in der Türkei
Die Verbraucherpreisinflation in der Türkei stieg im August 2021 im Jahresvergleich auf 19,25 Prozent, die höchste Rate seit April 2019 und lag über den Markterwartungen von 18,7 Prozent. Die Inflation lag aufgrund der Lira-Schwäche auch über dem Leitzins der Zentralbank von 19 Prozent, was den Druck auf die politischen Entscheidungsträger aufrechterhielt, eine straffe Haltung beizubehalten. Die Kosten stiegen für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke (29,0 Prozent gegenüber 24,92 Prozent im Juli), Transport (21,76 Prozent gegenüber 24,62 Prozent), Wohnen und Nebenkosten (19,30 Prozent gegenüber 19,31 Prozent), Einrichtungs- und Haushaltsgeräte (22,91 Prozent gegenüber 22,70 Prozent) sowie Hotels, Cafés und Restaurants (21,48 Prozent gegenüber 20,63 Prozent). Die jährliche Kerninflation, die volatile Posten wie Energie, Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, alkoholische Getränke, Tabak und Gold ausschließt, verringerte sich im August auf 16,76 Prozent von 17,21 Prozent im Vormonat. Auf Monatsbasis stiegen die Verbraucherpreise um 1,12 Prozent, mehr als erwartet ein Anstieg um 0,6 Prozent. Quelle: Türkisches Statistisches Amt
Quelle: Tradingeconomies source: tradingeconomics.com
Die türkische Regierung und deren Notenbank schalten nunmehr in den "Kreativmodus" zur Bekämpfung der Inflation. Das bedeutet nichts anderes als die Warenkörbe zu verändern, die für die Inflationsbemessung herangezogen werden. Beispielsweise wird überlegt die Nahrungsmittel und die Energie aus dem Inflationskorb zu entfernen.
In dem Artikel Aus heiterem Himmel die Kerninflationsschübe in der Türkei wird das sehr schön beschrieben. Ein Auszug hieraus: "Eine der interessantesten – in der Tat richtiger zu sagen seltsamen – Entwicklungen der letzten Woche waren die Worte von Şahap Kavcıoğlu, dem Gouverneur der türkischen Zentralbank (CBRT), der andeutete, dass sie sich von nun an auf die Kerninflation konzentrieren würden, die Nahrungsmittel- und Energiepreise und dergleichen ausschließt. Das würde bedeuten, sich vom Konzept der Gesamtinflation zu lösen und eine Reaktion an den Finanzmärkten auszulösen.
In Bezug auf die Inflation verweist man gerne auf die gestiegenen Importpreise, da die Türkei mehr importiert als exportiert (negativer Handelsbilanzsaldo). Die erhöhten Importpreise dienen dabei nur als "Feigenblatt" für die verfehlte Wirtschaftspolitik der AKP bzw. MHP Regierung und hier expliziert des türkischen Präsidenten Erdogan.
Meines Erachtens sind für die hohe Inflation Kostentreiber verantwortlich, denen keine unmittelbare Wirtschaftsleistung gegenübersteht. Was bislang ursächlich kein Analyst auf dem Schirm hat. Die Migrationskosten für die Flüchtlinge sowie die militärischen Abenteuer in Syrien, Kurdistan, Irak, Libyen, Afghanistan, Jemen. Hinzu kommen Kosten für die Privatarmee des Präsidenten (5000 verdeckte Sicherheitskräfte in Katar). Die EU-Gelder zur Unterbringung der ca. 3,8 Millionen Migranten reichen bei weitem nicht aus um hier positive Effekte für die türkische Wirtschaft zu erzielen. Nun kann man zwar entgegenhalten. Auch die Migranten befinden sich zum Teil im Arbeitsprozess und konsumieren. Von den Militärabenteuern profitiert die Rüstungsindustrie und Militärausstattung. Ein Großteil der Flüchtlinge ist jedoch auf Sozialleistungen des Staates angewiesen und jede verschossene Kanonenkugel ist verbraucht.
Des weiteren hat die katastrophale Wirtschaftspolitik in der Türkei dazu geführt, das wichtige Industriezweige an das Ausland verkauft wurden. Die Türkei ist mittlerweile bestenfalls "billiger" Dienstleister und Zulieferer (Automobil- und Textilindustrie sowie Tourismus) für das Ausland. Die Türkei könnte sich quasi selbst versorgen, ist jedoch zunehmend zu einem Importland "verkommen".
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die Gewinne aus Produktion und Investition in das Ausland (Umwandlung in Auslandsdevisen) verschoben werden.
Die völlig unorthodoxe Zinspolitik des türkischen Präsidenten wird das Wirtschaftswachstum beleben. Die Unternehmen werden höhere Gewinne einfahren. Bei den Haushalten kommt der Wirtschaftsaufschwung nicht an. Die Privathaushalte werden auf Pump konsumieren und sich immer mehr verschulden.
Fazit: Am Endes des Tages wird die türkische Wirtschaft ausgeplündert und verblutet sein. Der Erdogan-Clan nebst seinen Günstlingen wird nur noch eine ruinierte Wirtschaft und ein ausverkauftes Land hinterlassen. Nicht zu vergessen, hat sich die bisherige Regierung einschließlich des Erdogan-Clans noch eine Rente auf Lebenszeit (diversen Pachteinnahmen aus Autobahnmaut, Flughäfen, Seehäfen etc.) gesichert.
Eine neue Regierung wird aus den genannten Gründen gar nicht in der Lage sein, eine eigene Wirtschaftspolitik zu betreiben. Ich fürchte, es wird zwischen den Parteien einen "schmutzigen Deal" geben. Präsident Erdogan behält sein Amt auf Lebenszeit. Dafür gibt er einen Teil seiner Machtfülle an das Parlament zurück. Dann kann er weiter machen wie bisher und die Schuld für die Wirtschaftsmisere den anderen Parteien in die Schuhe schieben.
Autor: Blog Editor
Das durchschnittliche Einkommen errechnet sich aus dem Bruttonationalprodukt und der Einwohnerzahl. Teilt man also alle Verdienste und Gewinn aller Einwohner eines Landes (= Bruttonationaleinkommen) durch die Anzahl der Einwohner, erhält man das durchschnittliche Einkommen pro Person.
Quelle: Länderdaten
Fazit: Die Einkommensentwicklung in der Türkei des Jahres 2020 mit ca. 8.548 US-Dollar liegt auf dem Stand des Jahres 2009 mit 8941 US-Dollar. Besondere Beachtung ist auch der Mindestlohnentwicklung (sh. Mindestlohn für 2021) bei zumessen. Diese Zahlen belegen, das ein Großteil der Bevölkerung in der "Armutsfalle" sitzt und um das tägliche Überleben kämpfen muss.
Autor: Blog Editor
Türkei: Bei den EU-Beitrittskandidaten die Nr.1
Beim BIP pro Kopf wird das nominale BIP einer Volkswirtschaft durch die Einwohnerzahl des Landes dividiert. Es bestehen also grundsätzlich zwei Variablen, die das BIP pro Kopf beeinflussen. Beide Variablen haben sich für die Türkei, hinsichtlich des BIP pro Kopf, negativ entwickelt. Das Bruttoinlandsprodukt der Türkei ist in den letzten Jahren gesunken und parallel dazu hat sich die Gesamtbevölkerung der Türkei erhöht. Es muss also eine niedrigere Summe auf mehr Personen verteilt werden – das BIP pro Kopf sinkt. Im BIP-pro-Kopf-Vergleich der EU-Beitrittskandidaten schneidet die Türkei zwar am besten ab, liegt aber auch deutlich unter dem EU-Durchschnitt. BIP – BNE – BSP?
Die Türkei legt ein bombastisches Wirtschaftswachstum hin. Wie es erwartet wurde, wächst das türkische Bruttoinlandsprodukt im 2. Quartal im Jahresvergleich um 21,7 Prozent, so vermeldete es heute das türkische Statistikamt. (sh. og Artikel).
Wie ist dieses "bombastische" Ergebnis einzuordnen. Schauen wir uns das BIP in der Türkei auf Jahresbasis an. Für das Jahr 2021 wird das BIP der Türkei auf rund 794,5 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Wie die unten stehende Grafik zeigt liegt das geschätzte BIP 2021
(794 Mrd. US Dollar) etwa auf der Basis des Jahre 2010 (ca. 771 Mrd. US Dollar).
Ab dem Jahr 2013 (957,5 Mrd. US-Dollar) begann ein beispielloser Wirtschaftsabschwung. Im Jahr 2020 betrug das BIP 720 Mrd. US-Dollar und lag damit unterhalb des Jahres 2010 mit 776 Mrd. Dollar.
Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Türkei bis 2026
Veröffentlicht von Bruno Urmersbach, 26.04.2021 Im Jahr 2020 betrug das Bruttoinlandsprodukt in der Türkei rund 719,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2021 wird das BIP der Türkei auf rund 794,5 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Die Statistik zeigt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Türkei im Zeitraum 1980 bis 2020 und Prognosen bis zum Jahr 2026. Quelle: de.statista.com
Das türkische Statistikamt versucht mit temporären Wachstumszahlen von der katastrophalen Wirtschaftsentwicklung abzulenken.
Fazit: Ein fallendes BIP sowie eine steigende Inflation lassen nichts Gutes für die künftige türkische Wirtschaftsentwicklung erwarten.
Autor: Blog Editor
Was meinen die Begriffe BIP – BNE – BSP?
02.08.2021 Trotz Kritik an Flüchtlingspolitik: Ankara für neuen EU-Deal 18.03.2021 Fünf Jahre Flüchtlingspakt: Türkei will mehr Geld 27.02.2020 Syrer, quo vadis? Zur Zukunft der syrischen Flüchtlinge in der Türkei So viel Geld bekommen Flüchtlinge vom Staat - BILD.de In der heutigen Presse war zu lesen, dass Ankara darauf drängt einen neuen EU-Flüchtlingsdeal abzuschließen. Ist ein neuer Flüchtlingsdeal überhaupt notwendig?? Und wenn ja. In welcher Höhe. Ankara spricht derzeit von 3,7 Millionen geflüchteten Syrern und ca. 300 Tsd. Afghanen. Ankara wurden im Flüchtlingsabkommen vom 18.03.2016 für die Aufnahme von ca. 3,7 Millionen Flüchtlingen jährlich 1,5 Mrd. Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen zugesagt. Wobei die 1,5 Mrd. Euro nur für die ca. 3,7 Mio. syrischen Flüchtlinge entfallen. Das entspricht ca. 400 Euro Jahr pro aufgenommenen Syrer. Vom Kleinkind bis zum Greis. Für die EU ist der bisherige Deal zum schämen, ein "Deal der Schande"!!!! Nun wird auch klar warum die EU alle Augen gegen dem türkischen Präsidenten zukneift (Menschenrechte, Kriege etc.) Der Mindestlohn in der Türkei liegt bei 2.850 TL Netto. Die Hungergrenze für eine vierköpfige Familie lag letzten Monat noch bei 2.926 TL. Das ist der Betrag, den diese Familie benötigt, um gesund und ausreichend sich zu ernähren. Ihr merkt, selbst dieser Betrag liegt über dem Mindestlohn und die Familie hätte noch kein Dach überm Kopf. 9.533 TL ist die Armutsgrenze für die o.g. Familie. Für einen Ledigen, der alleine für sich existieren muss, beträgt die Armutsgrenze 3.579 TL. Die Zahlen werden monatlich vom Türkischen Gewerkschaftsbund (Türk-Is) errechnet und bekanntgegeben und sind auch Zahlen, die von der Regierung akzeptiert werden. Quelle: Ich meins gut
Die Armutsgrenze für einen Ledigen beträgt danach ca. 3.579 Lira (ca. 350 Euro) zzgl. eine Wohnungskosten von ca. 135 Euro. Das sind insgesamt 480 Euro. Das entspricht ca. 5.800 Euro pro Jahr.!!!! Europa zahlt gemäß Flüchtlingsabkommen pro Person jedoch nur 400 Euro pro Jahr. Jedem Flüchtling, der nach Deutschland kommt, stellt die Bundesrepublik eine kostenlose Unterkunft zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es auch ein Taschengeld. Nehmen wir das Beispiel eines Alleinstehenden an. Mietkosten (Warmmiete) für Unterkunft ca. 500 Euro + 325 Euro Taschengeld bei festem Wohnort. Das sind Beihilfen (Wohnung + Taschengeld) von ca. 10.000 Euro pro Jahr. In Deutschland lag das durchschnittliche Jahres Bruttoeinkommen bei ca. 48 TEURO (Stand 2020) in der Türkei bei ca. 9.700 Euro (Stand 2017). Das durchschnittliche Einkommen dürfte in der Türkei Stand 2020 nicht wesentlich über dem Einkommen Stand 2017 liegen. Wenn der Betrag für das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei von 400 Euro pa. zugrunde legt und die Sozialleistung in Deutschland mit ca. 10.000 Euro ansetzt entspricht dies der 25-fachen Leistung in der Bundesrepublik. Gehen wir einmal davon aus, das für jeden nicht berufstätigen Flüchtling (Wohnung und Taschengeld) von jährlich 6.000 Euro aufgewendet werden müsste. Dann reden wir von einer Flüchtlingshilfe von ca. 22 Mrd. Euro pro Jahr. Nur für die Grundbedürfnisse!!! Der türkische Staat muss jedoch auch für das Bildungswesen und die Krankenversicherung sowie den Bau von Schulen und Krankenhäusern etc. für die Flüchtlinge Investieren. Fazit: In dem Artikel Syrer, quo vadis? Zur Zukunft der syrischen Flüchtlinge in der Türkei ist sehr gut beschrieben, dass sich viele Syrer häuslich in der Türkei eingerichtet haben. Die Kinder, die in der Türkei geboren wurden fühlen sich mit ihrem Familien in der Türkei heimisch. Die Syrer und Afghanen sind als "Gäste" in die Türkei gekommen und viele werden für immer bleiben. Warum sollten sie in ein zerbombtes Stück Land oder in eine Neubausiedlung in die Wüste ziehen. Wohl wissend, das sie vom syrischen Machthaber nicht erwünscht sind. In den Herkunftsländern gelten die Flüchtlinge als Verräter, da sich nicht für den eigenen Staat gekämpft haben. Eine Wiederansiedlung in Nordsyrien dürfte kaum möglich sein, da die Militäroffensive der Türkei "im Sand" stecken geblieben ist. Der Flüchtlingsstrom der Afghanen dürfte sich aufgrund der Grenzschutzmaßnahmen in Grenzen halten. Ich fürchte vielmehr die Fluchtbewegungen aus Idlib mit hundert tausenden Flüchtlingen. Der türkische Präsident fordert meiner Meinung nach zu Recht eine Neuverhandlung des Abkommens. Im Namen des türkischen Volkes. Das türkische Volk kann die Flüchtlingslasten auf Dauer nicht tragen. Die EU sollte baldmöglichst den Vertrag "Der Schande" um einen neuen angemessenen Vertrag "Der Menschlichkeit" mit der Türkei abschließen. Die EU braucht sich nicht zu wundern, wenn die türkische Regierung ihr Heil in ständig wechselnden Lagern (Russland, Katar, China, USA etc.) sucht. Die EU und die Nato wären in einem festen Bündnis wesentlich stärker als mit einem "Wackelkandidaten Türkei". Dies bedingt aber auch, dass sich die Türkei zu den europäischen Grundwerten bekennt und verpflichtet. Die Fehler aus Afghanistan, Syrien und allen Ländern aus denen Menschen vertrieben werden, sollten uns eine Lehre ein. Auch Volksgruppen (Kurden, Palästinenser und viele andere) sollten in ihren angestammten Landesgrenzen in Frieden leben können. „Wer die Vergangenheit vergisst, ist verdammt, sie zu wiederholen“ (George Santayana) Autor: Blog Editor
Auf Krieg und Pandemie folgt in Syrien die grosse Dürre Asad-Regime (braun) - Kurdische Gruppen (ocker) Türkische Einflusszone (violett) Auf Krieg und Pandemie folgt in Syrien die grosse Dürre Die Mehrheit der Syrer hat schon länger nicht mehr genügend zu essen. Nun sorgt eine Dürre im Osten des Landes für massive Ernteausfälle. Die Kurden machen dafür nicht nur den Klimawandel, sondern auch die Türkei verantwortlich.
Autor Christian Weisflog, Beirut 01.09.2021, 14.46 Uhr Neue Züricher Zeitung Die Bauern im Nordosten Syriens kämpfen bereits seit Monaten mit einer Dürre. Selbst im Winter hat es wenig geregnet, und im Frühling haben hohe Temperaturen die Böden zusätzlich ausgetrocknet. Im Mai veröffentlichte die Nachrichtenplattform «Syria Direct» zwei Bilder desselben Ackers in der Provinz Rakka. In dem Bild aus dem Jahr 2019 steht der Bauer Karim Kraf Abu Muhammad in einem saftigen, hüfthohen Weizenfeld. In diesem Jahr gleicht die Das Niveau des Euphrats ist im Nordosten Syriens gefährlich zurückgegangen. Auch der AsadStausee am Tabka-Damm ist teilweise ausgetrocknet. Delil Souleiman / AFP Anbaufläche dagegen einer braungelben Wüste, die spärlich mit verdorrten Grasbüscheln bewachsen ist. Seine Ernte, so schätzte Muhammad, werde nur noch ein Drittel des Vorjahres betragen. Das syrische Landwirtschaftsministerium spricht von der schlimmsten Dürre seit siebzig Jahren. Anzeige Der Nordosten des Landes ist eigentlich Syriens Kornkammer. Über 70 Prozent der jährlichen Weizen- und Gerstenproduktion stammen von dort. Weil aber die Mehrheit der Anbauflächen auf Regen angewiesen sind und über keine Bewässerungssysteme verfügen, ist der Ernteausfall besonders hoch. Selbst Bauern, die über die notwendige Technik verfügen, können ihre Felder in diesem Jahr nicht ausreichend bewässern. Denn der Euphrat, der sich wie eine Lebensader von der türkischen Grenze im Norden bis zur irakischen Grenze im Osten durch Syrien zieht, führt sehr wenig Wasser in diesem Jahr. elbst Olivenbäume, die an lange und heisse Sommer gewöhnt sind, drohen zu vertrocknen. Früher lag der Olivenhain von Khaled al-Khamis praktisch am Ufer des Euphrats. Jetzt ist die Lebensader weit weg. «Es ist, als wenn wir in der Wüste wären», sagte Khamis kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Quelle: Jane’s Conflict Monitor NZZ / uvs «Wir denken darüber nach, wegzugehen. Es gibt kein Wasser mehr zum Trinken oder um die Bäume zu bewässern.» Angesichts der schweren Dürre warnten internationale Hilfswerke vergangene Woche davor, dass 5 Millionen Syrer und 7 Millionen Iraker den Zugang zu Wasser, Lebensmitteln und Strom verlieren könnten. Zwei Wasserkraftwerke am Euphrat, die rund 3 Millionen Menschen in Nordostsyrien mit Strom versorgten, stünden kurz vor der Schliessung. Weil die Menschen vermehrt verunreinigtes Wasser trinken müssten, nähmen Erkrankungen wie Durchfall zu. Gemäss der kurdischen Autonomieverwaltung, die grosse Teile des Nordostens kontrolliert, sind rund 70 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft abhängig. Für die Not ihrer Bauern macht sie nicht nur den Klimawandel, sondern auch Ankara verantwortlich. «Die Türkei benutzt das Wasser als Druckmittel», sagte eine leitende Mitarbeiterin des kurdischen Umweltkomitees im März. Der Euphrat entspringt in der Türkei und bezieht 90 Prozent seines Wassers von dort. Die Türkei hat in den vergangenen Jahrzehnten eine Vielzahl von Dämmen Ist das Wasser eine türkische Waffe? entlang des Euphrats gebaut. In einem Abkommen mit Damaskus verpflichtete sich Ankara 1987, eine durchschnittliche Abflussmenge an der syrischen Grenze von 500 Kubikmetern pro Sekunde zu gewährleisten. In den vergangenen Monaten fiel dieser Wert allerdings auf 200 Kubikmeter pro Sekunde. Dadurch sank die Stromproduktion in Nordostsyrien im Vergleich zum Vorjahr um 70 Prozent. Der Türkei ist die von den USA unterstützte kurdische Autonomieverwaltung in Syrien ein Dorn im Auge. Ankara befürchtet die Entstehung eines kurdischen Staatswesens, das auch die Träume der türkischen Kurden von Autonomie oder gar Unabhängigkeit beflügeln könnte. Zudem ist sie besorgt, dass die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Nordostsyrien als Basis für Operationen in der Türkei nutzt. Schon drei Mal ging die türkische Armee seit 2016 gegen die kurdischen Milizen in Nordsyrien vor, letztmals im Oktober 2019, als sie zusammen mit verbündeten syrischen Rebellen östlich des Euphrats einen über hundert Kilometer langen und dreissig Kilometer tiefen Grenzstreifen eroberte. Anzeige Dabei brachte die Türkei auch das Aluk-Wasserwerk bei Ras al-Ain unter ihre Kontrolle, das in und um die Provinzhauptstadt Hasaka über eine Million Menschen mit Wasser versorgt. Seither ist es immer wieder zu Unterbrechungen der Wasserversorgung gekommen. Ob Ankara das Wasser des Euphrats bewusst als Waffe gegen die Kurden nutzt, ist umstritten. Auch die Türkei leidet dieses Jahr unter einer Trockenheit, ähnlich wie Syrien, der Irak und Iran. So habe das Einzugsgebiet des Vansees in Ostanatolien im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt heuer 33 Prozent weniger Niederschläge erhalten, sagte der türkische Agronom Murat Tunctürk gegenüber der Zeitung «Hürriyet Daily News». Allerdings könnte Ankara dazu geneigt sein, in Trockenperioden zunächst die eigene Not zu lindern. Dass dies die syrischen Kurden und das Regime in Damaskus vor grosse Probleme stellt, wäre ein willkommener Nebeneffekt. «In Die Bauern am Asad-Stausee nutzen Wasserpumpen, um ihre Felder zu bewässern. Die meisten Landwirte im Nordosten Syriens sind aber auf natürliche Niederschläge angewiesen. Delil Souleiman / AFP Dürrezeiten hilft sich die Türkei selbst und überlässt den Rest den Kurden, im vollen Wissen um die Konsequenzen», sagte der Syrien-Experte Fabrice Balanche gegenüber der AFP. Die Konsequenzen der Dürre treffen in Syrien nicht nur die von den Kurden verwalteten Gebiete östlich des Euphrats, sondern auch die vom Asad-Regime kontrollierten Regionen westlich des Flusses. Weil das Regime nach über zehn Jahren Krieg kaum Mittel für den Import von Getreide hat, rief es die Bauern zu Jahresbeginn dazu auf, vor allem Weizen anzupflanzen. Durch die Missernte wird das Regime jedoch rund 1,5 Millionen Tonnen Weizen einführen müssen, um eine Brotkrise wie im vergangenen Winter zu verhindern. Damaskus wird dabei erneut auf russische Hilfe zählen müssen. Denn wegen der schlechten Erträge dürften die Kurden keine Getreidelieferungen an das Regime zulassen. Für die hungernde Bevölkerung könnte es noch schlimmer kommen. Bereits von Oktober bis April verdoppelten sich die Preise für staatlich subventioniertes Brot. Die Menschen mussten in langen Schlangen vor den Bäckereien ausharren. Gleichzeitig erhöhten sich die Preise für Mehl um das Fünffache. Gemäss dem Welternährungsprogramm leiden 12,4 der 17,5 Millionen Einwohner in Syrien Syrien droht noch mehr Hunger unter mangelnder und unsicherer Versorgung mit Lebensmitteln. Das entspricht einer Zunahme von 4,5 Millionen innerhalb des vergangenen Jahres. Eine lange Dürreperiode gilt als einer der Gründe für den Ausbruch der Revolution und des Bürgerkrieges 2011. Nun trifft das Land die nächste Trockenperiode unter wesentlich drastischeren Voraussetzungen. Bildquelle: Kartengrundlage: © Openstreetmap, © Maptiler Stand: April 2021 Quelle: Jane’s Conflict Monitor Autor Christian Weisflog, Beirut 01.09.2021, 14.46 Uhr Neue Züricher Zeitung |
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